Wenn Geschichte lebendig wird: Einblicke in Lahnsteins Vergangenheit

14 Tage lang war die bewegende Ausstellung des Stadtarchivs Lahnstein zum 80. Jahrestag der Bombardierung der Stadt in der Hospitalkapelle zu sehen. Die Ausstellung, die zahlreiche Erinnerungsstücke präsentierte, war das Ergebnis jahrelanger Spenden engagierter Bürgerinnen und Bürger, die dem Stadtarchiv persönliche Dokumente, Fotografien und Exponate zur Verfügung gestellt hatten. Ziel ist es, diese wertvollen Zeugnisse nicht nur für die Nachwelt zu bewahren, sondern sie auch bei Veranstaltungen wie dieser zugänglich zu machen.

Mehrere hundert Menschen nutzten die Gelegenheit, die Ausstellung zu besuchen. Besonders beeindruckt zeigten sich die Besucher von der Vielfalt und Authentizität der Exponate, die die Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner während des Zweiten Weltkriegs lebendig werden ließen. Auch sechs Schulklassen besuchten die Ausstellung. Für die Schülerinnen und Schüler war es eine besondere Erfahrung, die geschichtlichen Ereignisse, die sie im Unterricht behandelt hatten, direkt mit ihrer Heimatstadt zu verknüpfen. Sie erhielten einen greifbaren Einblick in das Leben ihrer Vorfahren und die Schrecken des Krieges – weit über das hinaus, was sie aus Schulbüchern oder den Medien erfahren können.

Dokumente und Exponate der Ausstellung (Foto: Bernd Geil / Stadtverwaltung Lahnstein)

Besonders interessiert waren die Besucher daran, die Geschehnisse des Krieges aus erster Hand zu erfahren: Werner Valler (94 Jahre), Friedrich Felgenheier (94 Jahre) und Rudolf Kring (86 Jahre) berichteten in eindrucksvoller Weise von ihrer Kindheit und Jugend während des Krieges und im Dritten Reich. Im Anschluss der Berichte standen die Zeitzeugen den Schülern für Fragen zur Verfügung. Die Jugendlichen nutzten diese Gelegenheit mit großem Interesse. Eine der Fragen richtete sich an Werner Valler, ob er damals Mitglied der Hitlerjugend (HJ) gewesen sei. Valler, damals 14 Jahre alt, machte deutlich, dass jeder Jugendliche in der HJ sein musste, genauso wie es heute die Schulpflicht gibt. Als Schüler der achten Klasse war er im Herbst 1944 für einige Wochen abkommandiert zum Arbeitseinsatz an den Westwall. Als er frostbedingt Ende November zurückkehren durfte, war zwar sein Elternhaus noch unbeschädigt, aber die Stadt voller Trümmer. Fünf Schulfreunde waren gestorben, auch Teile des Gymnasiums erdbodengleich. Valler berichtete von weiteren Luftangriffen, die er in Lahnstein ertragen musste und von einer gefährlichen Bootsüberfahrt, die er trotz der Gefahr von Artilleriefeuer vor Kriegsende über den Rhein nach Rhens machte, um eine wichtige Nachricht zu überbringen.

Wer die Ausstellung nicht besuchen konnte, hat weiterhin die Möglichkeit, die Exponate und viele weitere Dokumente im Stadtarchiv am Kaiserplatz einzusehen. Das Material ist dort thematisch geordnet und archiviert. Zudem kann ein dreiminütiger Beitrag zur Ausstellung in der ARD-Mediathek unter „SWR aktuell Rheinland-Pfalz“ vom 12. November 2024 angesehen werden: um 18:00 Uhr ab Minute 6 oder um 19:30 Uhr ab Minute 21.

Stadtarchivar Bernd Geil sprach den Zeitzeugen seinen Dank aus und vor allem auch den ehrenamtlichen Aufsehern: „Ohne Sie wäre eine solche Ausstellung mit Originalen nicht möglich gewesen.“ Gleichzeitig betonte er, dass Lehrkräfte, die das Thema „Drittes Reich“ im Unterricht behandeln möchten, sich jederzeit an das Stadtarchiv wenden können, um auf das umfangreiche Material zuzugreifen. Auf Wunsch seien auch die Zeitzeugen bereit, sowohl in Schulen als auch im Stadtarchiv ihre Erinnerungen zu teilen und den Schülerinnen und Schülern einen persönlichen Einblick in die Zeitgeschichte zu geben.