Spiel und Tanz unter der Eierkrone sind ein christlicher Pfingstbrauch aus dem 14. Jahrhundert, der sich in Oberlahnstein bis in die heutige Zeit erhalten hat.
So wie das Ei ein besonders sinnfälliges Fruchtbarkeitssymbol ist, steht die Eierkrone als Symbol für neues Leben für die ganze Welt.
Als christliches Symbol ist die Eierkrone Zeugnis des Pfingstwunders. Sie ist ein komplexes Sinnbild, denn alle Teile haben symbolische Bedeutung. Die Krone besteht aus einem Eisengestell – früher aus Holz, Weide oder Draht – das mit Buchsbaumzweigen umwickelt ist und Gottvater versinnbildlicht. Auf der Krone weist ein Kreuz auf den Erlöser Jesus Christus. In der Krone schwebt der Heilige Geist in Form einer Taube. Aus der Mitte hängt eine lange Kette herab, gebildet aus ausgeblasenen Eiern mit blauen Papierblättchen dazwischen und mit einer bunten Papierquaste als Abschluss. Sie ist Symbol für Maria, die Gottesmutter, während die zwölf kürzeren Eierstränge die zwölf Apostel versinnbildlichen. Vier davon sind durch alte Schulhefte als Hinweis auf die vier Evangelien gekennzeichnet. Diese Schulhefte tragen als Aufschrift die Namen der vier Evangelisten.
Ursprünglich wurde die Eierkrone auf dem Marktplatz am Alten Rathaus aufgehängt. Unter ihr spielten am Tage die Kinder, gegen Abend tanzte und sang die Jugend und abends bis 22.00 Uhr die älteren Bewohner.
Bedingt durch das Wachsen der Stadt gab es in späterer Zeit mehrere Eierkronen, unter anderem am Bürgerturm in der Frühmesserstraße sowie in Hochstraße, Burgstraße und Adolfstraße, angefertigt von Straßen- und Nachbarschaftsgemeinschaften. Die Kronen hingen an einem zwischen zwei Häusern gespannten Seil frei mitten über die Straße.
Nach dem Ersten Weltkrieg geriet der Brauch zunächst in Vergessenheit, auch mangelte es an Eiern. Man benötigt je nach Größe zwischen 500 und 1000 ausgeblasene Eier pro Krone.
In den 1920er Jahren lebte der alte Brauch wieder auf, darunter in der Adolfstraße vor der Drogerie Trennheuser, in der Burgstraße vor dem Haus Sauerwein, am Martinsplatz und bei Peter Junker in der Frühmesserstraße / Ecke Hintermauergasse, nach dem Zweiten Weltkrieg auch am Ölberg bei Malermeister Schmitt und am Rheinhöhenweg. 1959 gab es sogar eine Prämierung der schönsten Krone.
Mitte der 1960er Jahre geriet der Brauch wieder in Vergessenheit, nur noch bei Kaufmann Johannes Knauf hing eine selbstgeflochtene Krone zunächst auf seinem Anwesen am Oberheckerweg, später in der Fußgängerzone Burgstraße vor seinem Geschäft.
Nach zeitweiser Vernachlässigung lebte der Pfingstbrauch durch die Kolpingfamilie in den 1980er Jahren am Europaplatz auf. Es wurde ein umfangreiches Festprogramm geboten, eingeschlossen der Kranz unter der Eierkrone, zuletzt 1996 und 1997 reanimiert durch Josef Junker und Willi Eisenbarth, die eine Krone mit 350 Eiern am Europaplatz aufhingen und zum Tanz ins Pfarrzentrum einluden.
Zur 500-Jahrfeier des Alten Rathauses (2007) initiierte Stadtarchivar Bernd Geil mit Unterstützung von Rudi Riemenschneider das Erstellen eine Krone, die von der Lahnsteiner Feuerwehr neben dem Alten Rathaus aufgehängt wurde. Dies wurde neunmal bis zum Umzug des Stadtarchivs 2015 wiederholt. Der altüberkommene Brauch konnte nur noch als Teil eines Festprogramms oder als touristische Attraktion überleben.
Die Eierkrone als Sinnbild des Pfingstwunders begleitete früher die Menschen in der Zeit von Pfingstsamstag bis am Sonntag nach Fronleichnam. Die Kinder und Jugendlichen sangen die tradierten Kinderlieder wie „Der Plumpsack geht herum“ oder „Laurentia, liebe Laurentia mein“. Gerne gesungen wurde die Kinderballade „Die Anna saß auf einem Stein“. Während des Singens fassten sich die Kinder an den Händen und tanzten einen Reigen.
Den Abschluss des abendlichen Eierkronentanzes, wenn um 22.00 Uhr die Glocke der St. Martinskirche läutete, bildete die letzte Strophe des Volksliedes „Kein schöner Land beginnend mit der Zeile: „Jetzt, Brüder, eine gute Nacht …“.
Anlässlich des Internationalen Museumstages, der in diesem Jahr auf Pfingstsonntag fällt, wird der Förderkreis Stadtmauerhäuschen eine Pfingsteierkrone am Stadtmauerhäuschen aufhängen. Auf einer Stellwand sind zahlreiche Fotografien und Presseberichte von 1899 bis 2015 nachzulesen. Die überlieferten Texte von mehr als 20 Liedern, die unter der Krone einst gesungen wurden, liegen aus. Gerne können sich Musikanten melden, die mit ihrem Akkordeon oder auf der Gitarre die allen Lieder erklingen lassen. Das Team des Förderkreises wird zumindest von den beliebten Tänzen erzählen.