Vor 475 Jahren wird letztmals der römische Burgus an der Lahnmündung erwähnt

Auf einer ehemaligen Insel an der Lahnmündung errichteten die Römer im 4. Jahrhundert eine Grenzbefestigungsanlage mit Schiffslandestelle. Vorher bildete der 81 - 96 n. Chr. errichtete, ca. 12 km östlich durch den Lahnsteiner Stadtwald verlaufende Limes die Grenze des römischen Weltreiches zu Germanien.

Der um 369 unter Kaiser Valentinian I. errichtete Burgus gehörte nach Aufgabe des Limes zum römischen Festungsbauprogramm zur Sicherung der Rheingrenze. Ähnliche Anlagen wie an der Lahnmündung standen an der Main- und Neckarmündung sowie in Neuwied-Engers.

Rekonstruktionszeichnung des Burgus, gezeichnet von Willi Eisenbarth, 1992

Durch seine Lage auf einer durch die beiden Mündungsarme der Lahn gebildeten Insel war der Lahnsteiner Burgus vom Festland getrennt und gut zu verteidigen. Es handelte sich um einen mächtigen, dreigeschossigen Turmbau von 20 x 13 Metern Grundfläche. Die Mauerstärke betrug zur Lahnseite hin 1,5 Meter, zur Landseite 3 Meter. In einiger Entfernung umgab ihn ein tiefer Spitzgraben. Der Lahnsteiner Burgus war Ausgangspunkt für die Lahnschifffahrt sowie den Handel und Verkehr mit den rechtsrheinischen Gebieten. Dieser steinerne Turm, im Mittelalter „domus fortis supra Lonetam“ — festes Haus an der Lahn — genannt, gab der heutigen Stadt den Namen Lahnstein.

Der römische Grenzschutz am Rhein und mit ihm auch der Lahnsteiner Burgus wurde 406/07 von den Vandalen, Sueben und Alanen überrannt und vernichtet. Er wurde wahrscheinlich direkt wiederaufgebaut, aber 70 Jahre später mit Ende des Römischen Reiches endgültig aufgegeben. Zwei Brandschichten bestätigten bei archäologischen Ausgrabungen die beiden Zerstörungen des Burgus. In der unteren Brandschicht wurde eine Münze Kaiser Valentinians I. (364-375) gefunden.

Der römische Burgus wurde das ganze Mittelalter hindurch, mit entsprechenden Vergrößerungen, als Wohnburg und Verteidigungsanlage weiter benutzt. In unmittelbarer Nähe entstand bereits um 850 eine karolingische Vorgängerkirche der heutigen Johanniskirche. Besitzer von Burg und Kirche waren um 890 die Niederlahngaugrafen, um 1200 das Erzstift Trier.

Im 16. Jahrhundert war der Burgus eine Ruine. Er wird 1549 letztmalig urkundlich erwähnt und in der Folgezeit eingeebnet. Der zweite Lahnmündungsarm, der etwa einen halben Kilometer rheinabwärts mündete, ist später verlandet und wurde verfüllt.

Erst 1914 wurde der römische Burgus durch den Lahnsteiner Archäologen und Limeskommissar Prof. Dr. Robert Bodewig wiederentdeckt. 1926 erfolgte eine teilweise Freilegung der römischen und mittelalterlichen Fundamente des Wehrturms sowie des umgebenden Spitzgrabens. Der ursprüngliche Plan, alles freizulegen und die Mauerreste zu konservieren, scheiterte. Nur der nördliche Teil wurde ausgegraben, weil der südliche bereits unter einem Hochwasserdamm lag. Die Ausgrabung wurde 1937 zugeschüttet, so dass keine Spuren des gewaltigen Mauerwerkes sichtbar sind.

Eine Hinweistafel mit Rekonstruktions- und Situationsplan erinnert an den Burgus, der ca. 60 Meter südlich der Johanniskirche stand, nördlich des Spielplatzes.

Lageplan, gezeichnet von Grabungsleiter Dr. F. Kutsch, 1926